Klettern auf Kalymnos

Schwerter, Schwämme, Schwimmer

Homer, der berühmte Dichter des Abendlandes, war von ihr angetan, so dass er sie in seine Ilias aufnahm, einem der frühesten schriftlich fixierten und auch bedeutendsten Literaturwerke Europas. Die Rede ist von einer kleinen griechischen Insel, damals Kalymna genannt, heute als Kalymnos nicht unbedingt weithin bekannt. Ein echter Geheimtipp also, wenn auch kein neuer. Weit über 2.500 Jahre ist es her, dass der vermutlich bedeutendste Schreiber der Antike jene kleine Insel mit einer Zeile in seinem Epos bedachte.
Kalymnos wird zum Dodekanes gerechnet, jener Gruppe von zwölf Inseln in der Ägäis. „Dodeka“ bedeutet auf griechisch Zwölf und „Nikos“ Inseln, so läßt sich der Name zusammengezogen leicht herleiten. Gute 2.000 Kilometer Flugdistanz von Berlin entfernt bildet das Dutzend beinahe direkt vor türkischen Küste die südöstliche Grenze Griechenlands wie eine Perlenkette im Meer. 
Kalymnos ist touristisch längst nicht so erschlossen wie ihre Nachbarinsel Kos, doch spielt sie dafür ihren eigenen Reiz bezüglich einer besonders sportlichen Zielgruppe clever aus. Doch dazu später mehr. Es gibt einen kleinen Flughafen an der Haupt- und einzigen Stadt Pothia, doch wählen die meisten Besucher den Zugang mittels einer der Fähren, ebenfalls zwölf an der Zahl.
Die Besiedelung ist mit insgesamt etwa 16.000 Einwohnern sehr überschaubar gehalten, was auch daher rühren mag, dass von der Landmasse nicht mehr als 10% als Ebenen gut zu bewirtschaften sind. Hinzu kommt der Mangel an Süßwasser auf der Insel, dessen Hauptmenge sich im Wesentlichen auf nur zwei Täler konzentriert. Um so ergiebiger ist das Meer rund um die kalydnischen Inseln. Kalmynos beutetet so viel wie „Insel mit gutem Wasser“, was nicht nur jeden badeinteressierten Touristen hellhörig macht, sondern auch die veritable Einnahmequelle dieser Region darstellt. Von der Hälfte des 19. Jahrhunderts bis in die
1960er Jahre war die Insel bekannt für die Schwammtaucherei sowie deren Verarbeitung, hier galt die Herkunft Kalymnos als Gütesiegel. Leider ist der Bestand an Schwamm in vierzig Jahren derart extrem zurückgegangen, so dass es heute kaum noch die Rolle früherer Zeiten zu spielen imstande ist. Die Betriebe von damals allerdings sind noch zu besichtigen, was allemal lohnt, einen höchst interessanten Einblick gestattet. Heute ist es die Schwertfischerei, welche den Hauptwirtschaftsfaktor ausmacht. Bis zu 600 Tonnen jährlich beträgt die erstaunliche Fangquote. Der etwa zwei Meter lange und über 100kg schwere Räuberfisch ist demzufolge auch Hauptbestandteil zahlreicher typischer Rezepte der Kalyden. Das Fleisch des in der Landessprache Xiphias genannten ist zart, schmackhaft und mager. Durch seinen sehr angenehmen Eigengeschmack bedarf er nach Kennermeinung eigentlich keinerlei schwerer Saucen, zur Unterstützung reichen Knoblauch und Zitrone. Letztere haben hier keinen weiten Weg, denn diese Früchte wachsen reichlich inmitten der Insel, sind also bei ihrer Verarbeitung in der Küche maximal frisch wie kaum sonst.

Kalynmos typisch griechisch

Doch nicht nur hier erweist sich Kalymnos als typisch griechisch, denn traumhafte Strände wie Therma, Massouri oder Paralina bieten alles, was der Griechenlandurlauber zu seinem Glück erwartet. Doch nicht nur für das Baden und Sonnenbaden wird alles bereitgehalten, auch der geschichtlich Interessierte findet Erfüllung im Erkunden. So erlaubt das Nonnenkloster St. Sava Einblicke in das Leben der Ordensfrauen, das Örtchen Chora wartet mit dem Schloss Chrisochares auf, welches einst auf Initiative des Ritterordens des Heiligen Johann erbaut wurde. Nicht weit entfernt befindet sich der archäologische Bezirk Pera Castro mit Ruinen aus mutmaßlich venezianischer Zeit.

Bedeutsamer Fleck auf der Weltkarte für Kletterer

 

Was Kalymnos jedoch besonders attraktiv sein läßt und magische Anziehung auf eine spezielle Gruppe von Sportlern ausübt sind die einzigartigen, bisweilen bizarr anmutenden Felsformationen. Kletterern aller Himmelsrichtungen ist diese Insel deshalb ein bedeutsamer Fleck auf der Weltkarte ihrer Passion. Annähernd 2.700 Kletterrouten sind hier erschlossen, darunter anspruchsvolle Passagen mit klangvollen Benennungen wie Ghost Kitchen, Odyssey oder Spartacus fordern seit der letzten Jahrhundertwende immer mehr Wagemutige. Hier entsteht ein wichtiges Zentrum dieser physisch arg fordernden Freizeitbeschäftigung, denn das fast permanent bestens geeignete Kletterwetter läßt diesen Ort zudem perfekt für die Athleten erscheinen. Im Buchhandel sind längst eine Reihe praktikabler Ratgeber zu Kalymnos’ Felswänden erschienen und wer im weltweiten Netz „Climbing Kalymnos“ als Suchbegriff eingibt, wird mit phantastischen, beeindruckend schönen Bilder der Aktiven belohnt.
Wenn am Abend die Muskeln brennen, tut es das Herdfeuer auch, um Kritharáki für die Hungrigen zu erhitzen. Das sind sehr kleine, verschiedenfarbige Nudeln in der Form und Größe von Reiskörnern, welche mit einer dicken Sauce aus passierten Tomaten, Feta und Zwiebeln einen herrlichen Auflauf ergeben. Solch schmackhaften Gerichte bieten die Restaurants der Insel, denn ihrer geringen Flächenausdehnung zum Trotz ist die gastronomische Infrastruktur von Kalymnos in guter Verfassung. Zu empfehlen wäre hier „Aegean Tavern“ in Massouri mit ihrer offenen Terrasse direkt über dem weiten Meer, hier findet ein Rendezvous einen exzellenten Rahmen, welcher kaum Wünsche offen lässt. Ebenfalls unbedingt einen Besuch wert ist „Harrys Paradise Garden“ im Zentrum der Insel, hier speist man inmitten eines wahrhaft paradiesischen Gartens, dicht und bunt bepflanzt, ein echtes Kleinod für Romantiker auf Reisen.
Dort läßt sich Kraft tanken für einen Ausflug am nächsten Tag, vielleicht nach Votini? In diesem Örtchen sind die höchst markanten Denkmäler der Insel zu finden, ein weiteres altes Kloster sowie das Kalymnoshaus. Wer die Schätze des Meeres bewundern und dennoch trockene Haut bewahren will, reist einen Ort weiter nach Vlihadia. Dort findet sich eine Art Museum, das sich ganz den Bewohnern des Meeres widmet. Fische, Seesterne und natürlich Schwämme erwarten die aquabiologisch interessierten Augen der Touristen.
Mit den großen griechischen Reisezentren Kreta, Kos, Korfu oder Rhodos kann die kleine Kalymnos touristisch vielleicht nicht mithalten, das gibt ihr Angebot, ihre Vermarktung und ihre Infrastruktur nicht her. Aber genau das macht ihren eigenen Charme aus, bescheiden spielt sie ihre Vorzüge aus, umgarnt den Gast auf zurückhaltende, sehr geschickte Weise. Genau das macht sie zum lohnenden Urlaubsziel. Und hier kommst Du zu einer passenden Unterkunft.
Homer wußte dies, Kletterer wissen es und auch der Besucher wird es alsbald wissen. Sobald er den ersten Schritt von Bord der Fähre unternimmt…
Text & Bild: Michael Krakow, greek-cuisine.com, pixabay

 

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