Wir sind in den Kykladen – Tinos
Dunkelrot senkt sie sich die untergehende Abendsonne über dem Meer nieder. In der Ferne sind die glitzernden Lichter der Insel Mykonos zu sehen. Vor unseren Augen, Fischerbote die friedlich in der Brandung schaukeln. Außerdem ein Angler, der schon seit Stunden neben seinem Radio sitzt und bei griechischer Musik, still auf das Wasser schaut. Es ist ein Bild, wie es malerischer kaum sein kann!
Hier bin ich Mensch, hier darf ich sein!“ und dem ich ergänze: „Und hier bin ich Grieche, hier bin ich daheim!“
Wir sind in den Kykladen, genauer auf Tinos. 82 % aller Inseln im Mittelmeer gehören zu Griechenland. Nicht wenige davon sind beliebte Reiseziele für Urlauber aus der ganzen Welt. Hier jedoch, scheint der Tourismus noch nicht angekommen zu sein!
Tinos – Herz des griechisch Orthodoxen
Alles um uns herum ist einfach nur griechisch! Auch die Tavernen, die sich an der Tinou- Kalloni-Straße, direkt am Hafen, aneinanderreihen. Hier wird frischer Fisch und leckeres vom Grill serviert, natürlich mit viel Zeit und Sorgfalt zubereitet. Ableger amerikanischer Fastfood- Ketten sucht man, Gott sei Dank, vergebens. Wer mit dem Griechischen und dessen Speisen nicht vertraut ist, dem gewährt man gerne Zugang zur Küche und einen Blick in den Topf. Auf Tinos muss niemand verhungern. Sogar ein kleiner Plausch mit dem Kellner ist möglich, zu Not sogar mit Hilfe von Händen und Füßen.
Wenig Hotels, viele private Pensionen
Hotels sind nur wenig vorhanden, dafür aber umso mehr Pensionen. Fremde sind auf Tinos herzlich willkommen und Gäste gerne gesehen. Wer freie Zimmer zu vermieten hat, der wartet bereits bei den ankommenden Schiffen auf neue Besucher und macht mit Schildern auf sich aufmerksam. Auf diese Weise lässt sich schnell und günstig, eine Bleibe für die Nacht finden.
Fähren vom Festland erreichen Tinos mehrfach am Tag. Die Länge der Überfahrt ist dabei abhängig von der Route und der Art des Schiffes. Wer mit einem der schnellen Delphine-Boote reist, ist von Rafina aus in etwa 90 Minuten auf der Insel, verzichtet dafür aber auf die Möglichkeit, die Fahrt im Freien zu genießen. Wer dagegen mit einer Fähre übersetzt, ist deutlich länger unterwegs, wird dafür aber mit einem beeindruckenden Panorama, bei der Einfahrt in den Hafen belohnt.
Die „Evangelistria Panagias“
Über den zahlreichen Tavernen und kleinen Geschäften der Insel, erhebt sich, die wohl wichtigste und schönste Kirche Griechenlands. Wie ein Tempel des Zeus oder ein Schloss Gottes, prangt die „Evangelistria Panagias“ über der Tinos. Sie ist das Wahrzeichen des griechisch – orthodoxen Glauben und ihr Geschichte, so spannend und faszinierend, wie Tinos selbst.
1822 gibt es auf Tinos ein Kloster namens Kechrovouni, welches heute noch existiert. Zur damaligen Zeit, lebt dort eine Ordensschwester namens Pelagia. Im späten Sommer und Herbst des besagten Jahres, erscheint ihr im Schlaf die heilige Jungfrau Maria. Diese beschreibt und bezeichnet ihr immer wieder eine bestimmte Stelle auf der Insel. Daraufhin lässt man dort die Bewohner von Tinos suchen und graben. Das Unglaubliche passiert. Am 30. Januar 1823 findet man tatsächlich eine Marienikone. An ihrem Fundort errichtet man daraufhin die heutige Kirche von Tinos, die „Evangelistria Panagia“.
Die gefundene Ikone von 1823 existiert noch immer und bildet heute den Mittelpunkt der, so wunderschönen Basalika. Das eigentliche Bildnis der Jungfrau Maria, ist allerdings nur noch schwer zu erkennen. Die Ikone ist von Schmuck bedeckt, sagt man ihr doch bis heute heilende und wundersame Kräfte nach. So wird ihr zum Beispiel das Ende der grausamen Pestepidemie zugeschrieben, welche 1823 viel Kummer und Leid auf die Insel brachte.
Für die Griechen ist die „Evangelistria Panagia“ ein Ort der Wallfahrt. Besonders zu „Mariä Himmelfahrt“, dem Namenstag der Jungfrau, strömen sie zu Tausenden vom Festland auf die Insel. Dann ist nur noch schwerlich ein freies Zimmer zu bekommen und dann erwacht das sonst so ruhig und stille Tinos, wirklich aus seinem Schlaf.
Man muss aber natürlich nicht griechisch-orthodoxen Glaubens sein, um diese so wunderbare Kirche zu besuchen. Ganz im Gegenteil, auch hier ist jeder willkommen, so lange er den Respekt vor allem Heiligen nicht vergisst. Eine angemessene Kleidung und würdiges Auftreten sind hier Pflicht, sollten aber auch niemanden von einem Besuch abhalten.
Die „Evangelistria Panagias“ lässt sich vom Hafen aus, problemlos mit dem Auto oder auch zu Fuß erreichen! Die große Megalochari – Straße führt bis nur wenige Meter vor ihre Tür. Wesentlich impulsanter und beindruckender ist jedoch die Evangelistrias – Gasse, welche quasi parallel verläuft und von Autos nicht befahren werden darf. Kleine Geschäfte, Souvenirläden und Bistros, schaffen hier eine Kulisse, wie sie griechischer und schöner, kaum sein kann. Ein Gang durch die Evangelistrias ist ein Muss, genauso wie ein griechischer Kaffee im „PIK NIK“. Dieses, am schon oberen Ende der Gasse gegelene Café verzaubert mit einer ganz eigenen Gastfreundlichkeit und einer Auswahl, die man so von außen garantiert nicht vermuten würde.
Direkt nebenan besteht die Möglichkeit, eine Ikone zu erwerben. Umso näher man der Kirche kommt, desto religiöser wird das Angebot der jeweiligen Geschäfte. Handtaschen, Ketten, Shirts und Sonnenbrillen, weichen nun Kerzen, Weihrauch, Ikonen und heiligen Büchern.
Der Sünderweg – die „Odos Evangelistrias“
Die „Evangelistria“ ist ein idealer Ort für grandiose Urlaubsfotos. Alleine der Blick von ganz oben, hinunter zum Hafen, ist ein Traum. Beim Fotografieren sollte man allerdings auch ein gewisses Feingefühl walten lassen. Die Gasse ist nämlich nicht nur ein beliebter Ort für Inselbesucher, er ist auch ein Teil der griechischen Wallfahrt. Für die orthodoxen Griechen stellt er den „Sünderweg“ da, der von nicht wenigen, nur knieden und auf allen Vieren bewerkstelligt wird. Bei Temperaturen von über 30 Grad eine echte Leistung und wahrhaftig ein Ausdruck, des so tiefen und festen, orthodoxen Glauben.
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